Die 11 wirkungsmächtigsten psychologischen Verhaltensmuster – und wie du sie für dein Online Marketing nutzen kannst

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Verkaufen und Marketing hat viel mit Psychologie zu tun.

Das Gehirn arbeitet mit zwei Systemen, dem emotional-intuitiven System und dem rationalen Entscheidungssystem.

Das rationale Entscheidungssystem sucht nach Argumenten, es ist aber effektiv an nur rund 5 % aller Entscheidungen beteiligt.

Der Rest, ganze 95 % der Entscheidungen, laufen dagegen unbewusst, emotional-intuitiv ab. Verantwortlich für diese Art von Entscheidungen sind unbewusst getriggerte und ablaufende, tief verankerte so genannte "Behavior Patterns" – psychologische Verhaltensmuster.

Das Wissen um diese Verhaltensmuster gibt dir in deinem Online Marketing einen sehr wirkungsmächtigen Vorteil. Richtig angewendet beeinflussen sie subtil das Nutzerverhalten und verbessern so User Experience und deine Conversion-Raten.

Ich habe in diesem Artikel die 11 wirkungsmächtigsten Verhaltensmuster für jede Phase eines idealisierten E-Commerce-Prozesses zusammengefasst.

Dieser Prozess ist grob in die beiden Überphasen "Awareness" (Aufmerksamkeit, darum brauche ich ein Produkt) und "Decision-Making" (Entscheidung zum Kauf) eingeteilt. Beide Überphasen sind dann noch in selbsterklärende Subphasen eingeteilt, wie du im folgenden Abschnitt siehst.

Die Reihenfolge der Subphasen kann variieren, und nicht immer sind alle Subphasen beteiligt.

Unten findest du Informationen zu dem Buch "PsyConversion", aus dem ich diese Verhaltensmuster habe. Ich führe hier 11 auf – in dem Buch sind insgesamt 117 Verhaltensmuster zu finden!

Das Buch ist ein echter Gamechanger: Du verstehst die Psychologie im Online Marketing besser – und kannst sie gewinnbringend für dich anwenden.

Der idealisierte Entscheidungsprozess im E-Commerce

Awareness-Phase

  1. Bedarf
  2. Aufmerksamkeit
  3. Relevanz
  4. Erinnerung

Decision Making

  1. Vertrauen
  2. Produktevaluation
  3. Preisevaluation
  4. Überzeugung
  5. Entscheidung
  6. Cross-/Upselling
  7. Abschluss

Awareness-Phase

Bedarf – Das Verhaltensmuster "Kognitive Leichtigkeit"

Was ist das?

Evaluieren wir, ob wir ein Produkt benötigen, so suchen wir nach Situationen, in denen wir das Produkt benötigt hätten.

Fällt es uns leicht, solche Beispielsituationen zu finden ("kognitive Leichtigkeit"), schließen wir auf die Häufigkeit des Bedarfs – obwohl es keinen kausalen Zusammenhang gibt.

Die kognitive Leichtigkeit wird durch mehrere Faktoren beeinflusst: Wiederholte Erfahrung, klare Darstellung, Priming, gute Laune oder die Leichtigkeit auf der Suche nach Beispielen. Stimmen die Rahmenbedingungen, kommen wir in ein Flow-Erlebnis, und alles fühlt sich richtig, einfach, vertraut und mühelos an.

Wie nutzt man es?

  • Gib deinen Produkten vertraut klingende Namen (und keine technischen Bezeichnungen)
  • Die Inhalte müssen gut und mit Leichtigkeit konsumierbar sein, d.h., Texte und andere Inhalte müssen gut lesbar sein.
  • Kernaussagen an Entscheidungsstellen wiederholen.
  • Nutze den Spill-Over-Effekt: Verknüpfe dein Produkt mit Medienereignissen, die einen hohen Wiedererkennungswert haben. Der Effekt der Aufmerksamkeit für das Medienereignis überträgt sich auf das Produkt.
  • Ergebnisse von Zufriedenheitsbefragungen beeinflussen: Frag nicht nach zwei Kritikpunkten, sondern nach zehn. Zwei Aspekte zu finden, fällt leicht, aktiviert also kognitive Leichtigkeit. Bei zehn Kritikpunkten muss man länger nachdenken und die Liste ist nur mit Mühe und Aufwand zu füllen. Die Befragung fällt letztlich besser aus.
  • Ereignisse mit geringer statistischer Wahrscheinlichkeit können relevanter erscheinen, wenn der Zeithorizont verändert wird. Beispiel: Das Risiko, in seinem Leben eine Jahrhundertflut zu erleben, ist hoch.

Aufmerksamkeit – Die Behavior Pattern "Curiosity"

Was ist das?

Neugierde ist eines der tiefsten menschlichen Gefühle und einer der stärksten Verhaltenstreiber. Neugierde wird dennoch als Motivator notorisch unterschätzt.

Wie nutzt man es?

  • Locke deine Besucher mit exklusiven Inhalten in dein Newsletter-Opt-in.
  • Beachte die Dramaturgie: Es muss ein Mindestmaß an Information enthüllt werden, aber nicht zu viel, um den Spannungsbogen nicht vor der Konversion abfallen zu lassen.

Relevanz – Die Behavior Pattern "Status quo Bias"

Was ist das?

Menschen tendieren dazu, den aktuellen Zustand bewahren zu wollen. Routinen und Gewohnheiten werden ungerne aufgegeben; sie bringen Sicherheit, vermeiden Suchaufwand und reduzieren Komplexität.

Wie nutzt man es?

  • Bei Bestandskunden sollte man die Annehmlichkeit des aktuellen Zustand betonen. Besonders wird dies dann erreicht, wenn Lock-in-Effekte mit dabei sind.
  • Bei regelmäßigen Käufen sind Kunden unempfindlicher gegenüber Preisschwankungen.
  • Biete kostenlose Produkttests an. Die Nutzungsgewöhnung hat zur Folge, dass man das Produkt ungern wieder hergibt (gerade dann, wenn ein größerer Aufwand damit verbunden ist (z.B. die Retoure von Möbeln).
  • Es kann auch keine Handlung des Nutzers notwendig gemacht werden, z.B. bei der Auswahl eines Produktpakets. Der Bestseller kann als Vorauswahl angezeigt werden.

Erinnerung – Die Behavior Pattern "Serial Position Effect"

Was ist das?

Optionen werden am ehesten erinnert, wenn sie sich am Anfang oder am Ende einer Liste befinden.

Wie nutzt man es?

  • Inhalte am oberen und unteren Ende einer Seite oder eines Newsletters oder jeglichen Contents werden am besten erinnert. Eine knackige Überschrift und eine Zusammenfassung am Ende eines Artikels sowie der primäre Call-to-Action nutzen diesen Effekt.
  • Bei der Auflistung von Produktvorteilen sollten die stärksten Argumente am Anfang und zum Schluss genannt werden.
  • Auch die Navigation sollte sich an diesem Verhaltensmuster orientieren. Das Wichtigste ganz nach links und ganz nach rechts.

Decision Making-Phase

Vertrauen – Die Behavior Pattern "Affektheuristik"

Was ist das?

Menschen neigen dazu, emotional statt rational zu entscheiden. So kann beispielsweise die Frage "Was fühle ich dabei?" leichter beantwortet werden als die Frage "Was denke ich darüber?" – und dabei schlicht zwischen guten und schlechten Gefühlen unterschieden, die zu einer postiven bzw. negativen EInstellung gegenüber den Alternativen führen.

Wie nutzt man es?

  • Anstelle von rationalen Argumenten kann man eine Kaufeintscheidung durch die Aktivierung von positiven Gefühlen oder Erinnerungen unterstützen.
  • Berichte von Versicherungskunden über dramatische Schadensfälle steigern zum Beispiel die Abschlussbereitschaft.
  • Auch die Mischung "geringes Risiko" (emotional) und "hoher Nutzen" (rational) wirkt abschlussfördernd, wenn das emotionale Argument betont wird.

Produkt-Evaluation – Die Behavior Pattern "Decoy-Effekt"

Was ist das?

Wenn Menschen zwei Entscheidungsalternativen A und B vorgelegt bekommen, haben sie Schwierigkeiten, sich für eine Alternative von beiden zu entscheiden. Fügt man allerdings eine dritte, aber deutlich unattraktivere Möglichkeit C hinzu, wird der Vorteil von B gegenüber A stärker wahrgenommen. Der Mechanismus hierbei ist, dass durch die dritte Option die Vergleichbarkeit der beiden ursprünglichen Optionen leichter gemacht wird. Option C hat hier also die Funktion eines (unattraktiven) Köders (Decoy).

Wie nutzt man es?

  • In Produktvergleichstabellen wird bei einer ursprünglich günstigen und teureren Alternative eine deutlich teurere Option hinzugefügt. Die Tendenz geht dann eher zum mittleren Produkt, gerade wenn der Mehrwert zwischen B und C nicht wesentlich geringer ist.
  • Auch ein mittleres Produkt kann als Köder konstruiert werden, wie das folgende Beispiel Autokauf zeigt: Der Verkäufer präsentiert erst ein günstiges, akzeptables Auto, dann ein teureres, unattraktives Auto. Wird dann als dritte Option ein teureres, attraktives Auto ergänzt, wählt der Kunde oft dieses. Das mittlere Produkt (teuer, unattraktiv) war hier der Köder.

Preis-Evaluation – Die Behavior Pattern "Anchoring"

Was ist das?

Ein einmal wahrgenommener Zahlenwert (egal wie sinnvoll) wird bei der Bewertung beispielsweise eines genannten Preises immer als Referenzwert herangezogen. Das gilt selbst dann, wenn ein gesetzter Anker inhaltlich rein gar nichts mit den letztlich genannten Preisen zu tun hat.

Wie nutzt man es?

  • Auf Produktseiten können hohe Zahlenwerte gestreut werden (z.B. zufriedene Kunden, verfügbare Produkte, Entwicklungszeit in Monaten, Produktentwicklungskosten), um den letztlich genannten (hohen) Preis eines Produkts als weniger hoch erscheinen zu lassen.
  • Auf Produktseiten sollen die hochpreisigen Produkte zuerst genannt werden, dann die Sonderangebote.
  • Bei Rabatten sollte der höhere Preis zuerst genannt werden.

Überzeugung – Die Behavior Pattern "Foot in the Door"

Was ist das?

Das Gegenüber wird um einen kleinen Gefallen gebeten, der nicht ausgeschlagen werden kann. Mit dieser Zustimmung hat man dann den Fuß in der Tür. Dem nun offenbarten eigentlichen Anliegen wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls zugestimmt. Der Mechanismus hierbei ist das eigene Konsistenzstreben in Verbindung mit einer bestätigenden Rückkopplung.

Wie nutzt man es?

  • Sales-Funnel nutzen diesen Effekt: Lesen kostenfreier Inhalte, Opt-in für Premium-Inhalte oder andere Profits bis hin zum Kauf eines Produkts sind sukzessive kleine "Gefallen", um die man den Kunden bittet.
  • Free-Testing-Modelle nutzen diesen Effekt ebenfalls: Nach der Bitte, eine Software oder eine Dienstleistung umsonst zu testen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass auch der größeren Bitte, dem Kauf, nachgegeben wird.
Verhaltensmuster

Giphy

Entscheidung – Die Behavior Pattern "Scarcity"

Was ist das?

Scarcity bedeutet Knappheit. Wir alle haben diese Effekt schon einmal erlebt und er wird heute in manchen Filterblasen bis zum Erbrechen genutzt. Der Mechanismus: Alles, was knapp ist, hat eine größere Anziehungskraft auf uns. Nicht umsonst werben Hersteller mit "limitierten Produkten".

Teleshopping-Kanäle (schau mal wieder in einen rein, hier kann man viel zum Thema Verkaufen lernen) nutzen diesen Effekt ebenfalls sehr intensiv ("nur noch xx Exemplare verfügbar").

Wie nutzt man es?

  • Zeitliche oder mengenmäßige Begrenzung eines Produkts, eines Preises oder einer bestimmten Produktausprägung zu einem besonderen Preis (später fällt die Ausprägung oder der besondere Preis weg) anbieten.
  • Die oben schon genannten Bestandsangaben einblenden.
  • Zielgruppenexklusive oder kanalexklusive Angebote (nur für Neukunden, nur online, nur über unsere Facebook-Seite) machen.
  • Es kann zunächst ein Ausverkauf suggeriert werden, um dann doch noch ein Zusatzangebot zu haben.
  • Sämtliche Black-Friday-Angebote oder auch Winter- oder Sommerschlussverkäufe nutzen diesen Effekt ebenfalls.

Cross-/Upselling – Die Behavior Pattern "Low Ball-Effekt"

Was ist das?

Ähnlich wie bei der oben genannten Foot in the Door-Technik startet der Low Ball-Effekt mit einer kleinen Bitte, die in den meisten Fällen nicht abgelehnt wird. Wenn nach dieser Zustimmung weitere Zusatzkosten oder unattraktive Umstände (Zusatzkosten, Lieferzeiten, Versandkosten etc.) genannt werden, wird dem trotzdem eher zugestimmt als wenn man die unattraktiven Umstände gleich zu Beginn genannt hätte.

Wie nutzt man es?

  • Es wird ein  bereits ausverkauftes Produkt angeboten. Während des Bestellprozesses wird der Ausverkauf offenbart, aber ein höherpreisiges Alternativangebot gemacht.
  • Unangenehme Nebenbedingungen wie hohe Versandkosten sollten erst so weit wie möglich am Ende eines Bestellprozesses kommuniziert werden, da der Interessent bis hierher schon einen größeren Workload absolviert hat.

Abschluss – Die Behavior Pattern "Zeigarnik-Effekt"

Was ist das?

Menschen wollen einmal angefangene Dinge zu Ende bringen. Solange dieses Ziel nicht erreicht ist, gibt es eine Irritation.

Wie nutzt man es?

  • Nutze "Cliffhanger": Zum Beispiel auf der nächsten Seite etwas Besonderes anbieten (Gutschein, exklusive Info etc.).
  • Nutze einen Fortschrittsbalken. Der Fortschrittsbalken symbolisiert Unfertigkeit und damit eine Irritation, die beseitigt werden muss.
  • Der Abschluss eines Bestellprozesses muss klar kommuniziert werden, damit der Vorgang gedanklich abgelegt werden kann. Andererseits lassen sich mit Hinweisen wie "Der Bestellprozess ist noch nicht abgeschlossen" die Aufmerksamkeit für Upsell-Angebote erhöhen.

"PsyConversion"

Die hier aufgeführten Verhaltensmuster sind aus dem folgenden Buch zusammengetragen:

Philipp Spreer: PsyConversion. 117 Behavior Patterns für eine noch bessere User Experience und höhere Conversion-Rate im E-Commerce.

Weitere Bücher zum Thema "Verkaufs- und Marketingpsychologie" findest du im Bereich "Ressourcen".

Fazit: Bediene Verhaltensmuster – und staune über die Magie

Beschäftige dich mit den Verhaltensmustern in diesem Buch, wende sie an und staune über den fast schon magischen Hebel, den du da nun in deinen Händen hältst!

Das Buch erhält wie auch die 11 hier vorgestellten Verhaltensmuster eine Fülle von Beispielen.

Hast du schon Erfahrung mit der Anwendung von Verhaltensmustern? Lass mir einen Kommentar da!

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